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Aufnahme eines Hochschulstudiums hängt immer noch von der Bildungsherkunft ab

4.7.2024

Neuer Bildungstrichter des DZHW zeigt ungleiche Teilhabe an Hochschulbildung in Deutschland

Von 100 Kindern aus akademisch gebildeten Familien beginnen 78 ein Hochschulstudium. Bei nicht-akademisch gebildeten Familien sind es gerade einmal 25 von 100. Das zeigt der aktuelle „Bildungstrichter“ des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Auch der Akademisierungsschub der vergangenen Jahre hat an diesem Ungleichgewicht wenig geändert.

Hannover, 04.07.2024. Bildungswege hängen in Deutschland immer noch vom elterlichen Bildungshintergrund ab. Daran hat auch der deutliche Akademisierungsschub der vergangenen Jahre wenig geändert, wonach heute mittlerweile etwa die Hälfte der jungen Erwachsenen in Deutschland ein Studium aufnimmt.

Das Sozialprofil von Studienanfänger*innen unterscheidet sich deutlich vom dem der altersgleichen Gesamtbevölkerung: 55 % der Studienanfänger*innen stammen aus akademisch gebildeten Elternhäusern, obwohl in der altersgleichen Gesamtbevölkerung nur 28 % einen akademischen Hintergrund haben. Junge Leute aus akademischen Elternhäusern sind unter den Studienanfänger*innen somit deutlich überrepräsentiert. Dagegen sind Studienberechtigte aus Familien, in denen die Eltern höchstens eine berufliche Ausbildung abgeschlossen haben, mit 29 % unter den Studienanfänger*innen unterrepräsentiert. Besonders gering vertreten sind diejenigen, deren Eltern keine berufliche Ausbildung abgeschlossen haben: Nur 8 von 100 dieser jungen Menschen schreiben sich an einer Hochschule ein.

Diese Ungleichheiten entstehen jedoch nicht erst am Übergang ins Studium, sondern schon viel früher im Bildungsverlauf. So besuchen Kinder aus nicht-akademischen Familien seltener Schulen, die zur (allgemeinen) Hochschulreife führen. „Besonders deutlich wird der Einfluss des familiären Bildungshintergrunds jedoch bei der Entscheidung für oder gegen ein Hochschulstudium. Bei Familien ohne akademischen Bildungshintergrund fällt diese Entscheidung oft gegen ein Studium aus, auch wenn das Kind vielleicht ein hohes Bildungspotenzial hat“, erläutert Nancy Kracke, eine der Autorinnen der Untersuchung.

„Auch der starke Anstieg der Studienanfänger*innenquote in den letzten Jahren hat nicht zu einem nennenswerten Abbau herkunftsspezifischer Ungleichheiten beim Zugang zu hochschulischer Bildung geführt“, führt Ulrike Schwabe, eine weitere Autorin der Untersuchung, weiter aus. Studien zeigen, dass Bildungsungleichheiten nicht allein auf schulische Leistungen zurückzuführen sind. „Soziale Ungleichheiten wirken über viele verschiedene ‚Kanäle‘“, erklärt Sandra Buchholz, Professorin für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover und Abteilungsleiterin am DZHW. „Gerade bei späteren Übergängen, wie der Entscheidung für oder gegen ein Studium, sind es weniger die Leistungsunterschiede, die soziale Ungleichheiten vermitteln.“ Es seien vor allem andere Faktoren, wie die antizipierten Kosten eines Studiums oder fehlende Informationen, die erklären, warum junge Menschen aus nicht-akademischen Familien seltener studieren. Selbst bei gleichen Schulabschlussnoten nehmen Studienberechtigte aus diesen Familien seltener ein Studium auf als Studienberechtigte aus akademisch gebildeten Elternhäusern – ein wichtiger Befund für bildungspolitische Ansatzpunkte, um Ungleichheiten beim Übergang ins Studium zu verringern.

Der Bildungstrichter ist zu finden unter www.dzhw.eu/pdf/pub_brief/dzhw_brief_02_2024.pdf.

Hintergrund:

Das DZHW, bzw. die Vorgängerorganisation HIS, berechnet seit 1985 in regelmäßigen Abständen Bildungsbeteiligungsquoten, die im sogenannten „Bildungstrichter“ anschaulich dargestellt werden. Dabei werden diese Quoten um den Bildungsbeteiligungsindex ergänzt. Datengrundlage für die Berechnung der Bildungsbeteiligungsquoten und des Bildungsbeteiligungsindex sind die Bevölkerungs- und Hochschulstatistik sowie der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes. Außerdem wurden die Daten aus „Die Studierendenbefragung in Deutschland“ aus dem Jahr 2021 verwendet, die das DZHW gemeinsam mit der AG Hochschulforschung der Universität Konstanz und dem Deutschen Studierendenwerk (DSW) erhoben hat. „Die Studierendenbefragung in Deutschland“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.

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