Ausländische Studierende in Deutschland 2012
10.1.2014
Ergebnisse der 20. Sozialerhebung
Deutschland genießt als Studienland bei jungen Menschen im Ausland einen guten Ruf. Die Attraktivität des deutschen Hochschulsystems spiegelt sich in der anhaltend hohen Zahl ausländischer Studierender wider. Doch aus welchen Ländern kommen die Studierenden? Wie finanzieren sie ihr Studium in Deutschland? Und mit welchen Problemen sind sie fern der Heimat konfrontiert? Antworten auf diese Fragen gibt der heute erscheinende Sonderbericht der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW), die das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt hat.
Seit fast zwei Jahrzehnten ist die soziale und wirtschaftliche Situation der ausländischen Studierenden fester Bestandteil der Sozialerhebung. Sie ist damit eine wichtige Informationsquelle für Wissenschaft, Bildungspolitik, Hochschulen und Studierende.
Mehr als 200.000 ausländische Studierende waren im Jahr 2012 an deutschen Hochschulen immatrikuliert. Beate Apolinarski und Jonas Poskowsky aus dem Team der Sozialerhebung haben diese Gruppe mit einer gesonderten Befragung erforscht. Die Hauptuntersuchung der Sozialerhebung bietet seit über 60 Jahren eine umfassende Bestandsaufnahme der sozialen und wirtschaftlichen Lage von Studierenden in Deutschland und kann so Veränderungen im Zeitverlauf aufzeigen. Die Ergebnisse des Berichts „Ausländische Studierende in Deutschland 2012“ geben nun auf einer belastbaren Basis Einblick in das Leben der in Deutschland studierenden Ausländer(innen). Für die Studie wurden 985 ausländische Studierende im Sommersemester 2012 online befragt. Bei den Befragten handelt es sich um die so genannten Bildungsausländer(innen). Darunter versteht man jene ausländischen Studierenden, die erst zum Zweck des Studiums nach Deutschland gekommen sind.
Herkunft der ausländischen Studierenden
Im Sommersemester kam jede(r) zweite ausländische Studierende aus einem europäischen Land (49 %), vornehmlich aus Osteuropa. Drei von zehn ausländischen Studierenden kommen aus dem asiatischen Raum (31 %) und eine(r) von zehn jeweils aus Amerika (11 %) und Afrika (9 %).
Neuzugänge zu den Sektoren vollqualifizierender beruflicher Bildung und zum Übergangssystem 1995 bis 20121)
Seit 2006 ist der Anteil an ausländischen Studierenden aus Europa rückläufig. Er ist in diesem Zeitraum von 60 % auf 49 % gesunken (Abb. 1). Im gleichen Zeitraum sinkt auch der Anteil von ausländischen Studierenden, die aus einem Land mit geringem Pro-Kopf-Einkommen stammen. Während 2006 noch jede(r) zweite ausländische Studierende aus einem Herkunftsland mit eher niedrigem Pro-Kopf-Einkommen stammte (49 %), war es sechs Jahre später nur noch jede(r) Vierte (25 %).
Studium in Deutschland
Die deutschen Hochschulen und insbesondere die Ingenieurwissenschaften genießen im Ausland ein sehr hohes Ansehen. Für sechs von zehn Bildungsausländer(innen) war Deutschland daher auch das Wunschland für ein Studium (61 %). Dieser Befund spiegelt sich ebenso in der Wahl der Studienfächer wider: So studierte im Sommersemester 2012 jede(r) vierte ausländische Studierende in einem ingenieurwissenschaftlichen Fach (25 %). Aber auch die Geisteswissenschaften üben eine hohe Anziehungskraft auf Studierende aus dem Ausland aus. So entschieden sich ebenfalls fast ein Viertel der Bildungsausländer(innen) für ein Studium in den Sprach- und Kulturwissenschaften (24 %). Auffällig ist dabei der Zusammenhang von Herkunft und Studienfachwahl. Studierende aus Asien entschieden sich am häufigsten für Ingenieurwissenschaften, Studierende aus Westeuropa dagegen für Sprach- und Kulturwissenschaften. Mit dem guten Ruf des deutschen Hochschulsystems gehen hohe Erwartungen einher, die ausländische Studierende mit einem Studium in Deutschland verbinden: 81 % erhoffen sich bessere Berufschancen.
Finanzielle Situation der ausländischen Studierenden
Ausländische Studierende in Deutschland haben im Durchschnitt mit zwischen 749 ¤ (Ledige) und 812 ¤ (Verheiratete) weniger Geld zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes als deutsche Studierende zur Verfügung (864 ¤). Jede(r) zweite der ausländischen Studierenden finanziert sich über zwei oder mehr Quellen. So tragen bei 53 % der Studierenden vor allem die Eltern, bei 52 % eigene Erwerbstätigkeit und bei 23 % Stipendien zum Lebensunterhalt bei (Abb. 2).
Abb. 2: Inanspruchnahme der Finanzierungsquellen (Bildungsausländer(innen) in %, Mehrfachnennung möglich)
Für mehr als drei Viertel der erwerbstätigen Bildungsausländer(innen) ist es zwingend erforderlich, neben dem Studium Geld zu verdienen (78 %), weil andere Möglichkeiten der Finanzierung nicht vorhanden sind oder nicht ausreichen. Damit unterscheiden sich die Motive für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neben dem Studium zwischen deutschen und ausländischen Studierenden, erläutern die Studienleiter Apolinarski und Poskowsky: „Für Bildungsausländer(innen) hat die Sicherung des Lebensunterhaltes eine höhere Bedeutung als für deutsche Studierende, die sich häufiger etwas Geld für zusätzlichen Konsum dazu verdienen möchten.“
Probleme
Ähnlich wie deutsche Studierende sehen sich Bildungsausländer(innen) in immer stärkerem Maße mit Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche konfrontiert (42 % in 2012 zu 31 % in 2009). Bei vier von zehn ausländischen Studierenden bereitet die Finanzierung des eigenen Lebensunterhaltes Probleme (39 %). Das Studium selbst hält für immerhin fast ein Drittel der ausländischen Studierenden schwer zu bewältigende Leistungsanforderungen bereit (31 %). „Es existieren jedoch auch vielfältige Unterstützungsangebote vom Deutschkurs über die Studienberatung bis zu Vermittlung von Wohnraum, die von den ausländischen Studierenden gut angenommen werden“, so Apolinarski und Poskowsky. (ad)
Die Sozialerhebung ist eine bundesweit repräsentative Befragung von Studierenden, die Auskunft über das Sozialprofil sowie die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden an deutschen Hochschulen gibt. An der 20. Sozialerhebung haben insgesamt mehr als 15.000 Studierende teilgenommen. Sie wird seit 1951 durchgeführt und richtet ihre Aufmerksamkeit zunehmend auch auf Internationalisierungsprozesse an den Hochschulen, zu dem Bildungsausländer(innen) einen wesentlichen Beitrag leisten.
Bericht zum Download
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