Niedersächsische Landesregierung garantiert den Hochschulen Ersatz für wegfallende Studiengebühren
16.8.2013
Wie das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) am Mittwoch mitteilte, wird das Land den Hochschulen die mit der Abschaffung der Studiengebühren zum Wintersemester 2014/15 wegfallenden Einnahmen zur Gänze ersetzen. Die Mittel müssen zweckgebunden zur Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen verwendet werden. In einem Hochschulentwicklungsvertrag sollen zudem die inhaltlichen Leitlinien zwischen der Landesregierung und den Hochschulen festgelegt werden. Ein Studiengebührenstreit der anderen Art ist derweil im Südwesten entbrannt.
Den 21 niedersächsischen Hochschulen werden mit Wegfall der Studiengebühren zum Wintersemester 2014/15 Studienqualitätsmittel in gleicher Höhe überwiesen. Dies teilte die niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajić am Mittwoch vor der Presse mit. Im Gespräch ist eine Kopfpauschale in Höhe von 430 bis 450 Euro je Studierendem. Die genaue Höhe werde noch ausgehandelt. Das Land wird hierfür in den nächsten fünf Jahren rund 450 Millionen Euro bereitstellen. Die Studienqualitätsmittel werden dynamisch an die Zahl der Studierenden angepasst und müssen zweckgebunden für die Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen ausgegeben werden. Die Studierendenvertretungen erhalten das Recht, über die Verwendung der Mittel, die innerhalb von zwei Jahren zu verausgaben sind, mitzuentscheiden.
„Die 450 Millionen Euro, die wir zusätzlich für die Hochschulen ausgeben, sind eine gute Investition in die Bildung. Mit diesem Geld werden wir die Studienbedingungen verbessern“, wird die Ministerin in einer Mitteilung ihres Hauses zitiert. Der Präsident der Landeshochschulkonferenz (LHK), Jürgen Hesselbach, betonte, mit der gesetzlichen Einführung der Studienqualitätsmittel erhielten die Hochschulen des Landes Planungssicherheit.
Mehr Mittel erhalten auch die niedersächsischen Studentenwerke und die beiden Universitätskliniken. Heinen-Kljajić will darüber hinaus noch in diesem Jahr einen Hochschulentwicklungsvertrag mit den Hochschulen abschließen, der die inhaltlichen Leitlinien der Weiterentwicklung festlegt. Angestrebt ist eine Reform des Hochschulsteuerungs- und Hochschulfinanzierungssystems. Vor den Journalisten sagte die Ministerin, die süddeutschen Hochschulen seien im bundesweiten Wettbewerb im Vorteil, weil sie groß und stark seien. Niedersachsen könne darauf antworten, indem die Hochschulen des Landes ihre Kräfte bündelten. Hesselbach pflichtete Heinen-Kljajić bei: Niedersachsen leiste sich zu viele Hochschulstandorte. Es sollten Verbünde geschaffen werden.
Mit der Niedersächsischen Technischen Hochschule (NTH), einer Allianz der Technischen Universität Braunschweig, der Technischen Universität Clausthal und der Leibniz Universität Hannover, besteht bereits ein solcher Verbund, der bislang die in ihn gesetzten Erwartungen allerdings nicht erfüllt hat. Die NTH soll daher bis Mitte kommenden Jahres evaluiert und neu ausgerichtet werden.
Heinen-Kljajić schlug außerdem vor, die Qualitätsstandards im Promotionswesen zu steigern. Hierzu sollen die Professorinnen und Professoren künftig mit den Promovierenden Betreuungsvereinbarungen abschließen. Der Ministerin schwebt außerdem die Einführung einer Obergrenze für die Anzahl der Promovierenden je Professor(in) vor. Darüber hinaus sollen die Promotionsverfahren künftig vollständig erfasst werden, um Informationen über die Dauer der Promotion, über Abbruch- sowie Erfolgsquoten zu erlangen.
Auch im Südwesten wird über Studiengebühren diskutiert – und dies überaus kontrovers. Die Fraktionsvorsitzende der baden-württembergischen Grünen, Edith Sitzmann, hatte in der gestrigen Ausgabe der Stuttgarter Nachrichten vorgeschlagen, Studiengebühren für Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland in Höhe von 1.000 Euro pro Semester einzuführen. Die betroffenen Studierenden könnten sich das leisten, meint Sitzmann. „In der Regel stammen diejenigen, die aus den USA oder Asien zu uns kommen, nicht aus den ärmsten Elternhäusern“, sagte sie dem Blatt. Sitzmann rechnet damit, dass auf diese Weise ein zweistelliger Millionenbetrag eingenommen werden könnte. Studierende, die sich die Gebühren nicht leisten könnten, sollten ein Stipendium erhalten. Das Wissenschaftsministerium in Stuttgart bestätigte entsprechende Überlegungen.
Die Kritik folgte prompt – sowohl aus den eigenen Reihen als auch vom sozialdemokratischen Koalitionspartner, aus der Opposition, von Studierendenvertretungen und aus der Wirtschaft. „Allgemeine Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger wird es in Baden-Württemberg nicht geben“, stellte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel fest. Die Landesstudierendenvertretung bezeichnete Studiengebühren für ausländische Studierende als unsozial, diskriminierend und imageschädlich für Baden-Württemberg.
Nach der Regierungsübernahme 2011 hatte die grün-rote Landesregierung die unter Schwarz-Gelb eingeführten allgemeinen Studiengebühren in Baden-Württemberg wieder abgeschafft. Die Möglichkeit, Studiengebühren von ausländischen Studierenden zu verlangen, wird den Hochschulen bundesweit sonst nur in Sachsen eingeräumt. Bislang macht dort allerdings nur die Musikhochschule Leipzig von der Regelung Gebrauch. (tm)
Quellen: MKW, HAZ, Stuttgarter Nachrichten, Spiegel online