Individuelle Lebensverläufe sind in modernen Gesellschaften durch ein hohes Maß an räumlicher Mobilität gekennzeichnet. Aus gesellschaftlicher Perspektive ist räumliche Mobilität entscheidend für das Funktionieren des Bildungssystems und des Arbeitsmarktes. Aus individueller Perspektive ist räumliche Mobilität eine Strategie, um beispielsweise die eigene Arbeits- und Lebenslage zu verbessern. Folglich kann räumliche Mobilität die individuelle Lebenssituation erheblich beeinflussen. Angesichts der gesellschaftlichen und individuellen Bedeutung von räumlicher Mobilität hat die bisherige Forschung deren Folgen für individuelle Lebensverläufe und für die Entstehung gesellschaftlicher Ungleichheiten umfassend analysiert. Dabei hat sie sich hauptsächlich auf arbeitsbezogene Outcomes wie Löhne und die berufliche Stellung konzentriert. Da menschliches Verhalten aber oftmals letztlich auf die Verbesserung der eigenen Lebensqualität abzielt, ist dieser Fokus der bisherigen Forschung zu begrenzt. Wir halten es für notwendig, einen stärkeren Fokus auf die subjektive Lebensqualität in die Migrationsforschung einzuführen. Dieser Fokus ermöglicht es, Antworten auf die Fragen zu geben, wie Individuen mit räumlicher Mobilität umgehen und wie sich die individuelle Lebensqualität in einer zunehmend mobilen Gesellschaft entwickelt.
Unser von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Projekt zielt darauf ab, die Auswirkungen gesellschaftlich hoch relevanter, aber bisher kaum untersuchter Formen räumlicher Mobilität (interne und internationale Bildungs- und Arbeitsmarktmobilität) auf die subjektive Lebensqualität umfassend zu untersuchen. Wir definieren subjektive Lebensqualität als ein multidimensionales Konstrukt, das gesundheitsbezogene Lebensqualität (health-related quality of life, HRQOL, operationalisiert als subjektive körperliche und psychische Gesundheit) und subjektives Wohlbefinden (SWB, operationalisiert als allgemeine Lebenszufriedenheit) umfasst. Unser Ziel ist es, bestehende theoretische Modelle und empirische Erkenntnisse zu erweitern, indem wir gesellschaftlich relevante, aber wenig untersuchte Populationen (Auszubildende, Studierende und verschiedene Gruppen von international mobilen Erwerbstätigen) analysieren. Außerdem untersuchen wir die Heterogenität des Zusammenhangs zwischen räumlicher Mobilität und subjektiver Lebensqualität, indem wir Partnerschaftsdynamiken sowie das elterliche und individuelle Bildungsniveau berücksichtigen. Wir gewährleisten die Robustheit und Verallgemeinerbarkeit unserer Ergebnisse durch die Verwendung repräsentativer Längsschnittdatensätze (SOEP, GERPS, NEPS und NACAPS) und fortgeschrittener Methoden der Kausalanalyse.
Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) durchgeführt.