Zwischen 2009 und 2015 wurde im Servicebereich das auf die spezifischen Bedürfnisse sozialwissenschaftlicher Forschung zugeschnittene Onlinebefragungssystem ZOFAR entwickelt. Es handelt sich um eine Java-Enterprise-Anwendung, die wir unter einer Open Source Lizenz (AGPL V3+) betreiben. Die Funktionsweise des Systems berücksichtigt, dass die Befragten über unterschiedliche Technologien verfügen und stellt (bspw. durch die weitgehende Vermeidung von JavaScript) sicher, dass alle Personen die Onlinebefragung in ähnlicher Weise erleben und valide Daten erhoben werden können. Es unterstützt etliche Standardfragetypen (sowohl offene Fragen als auch Einfach- und Mehrfachauswahlen, Auswahlmatrizen, semantische Differenziale sowie Hybride daraus). Zusätzlich ist das Befragungssystem in der Lage neue Fragetypen abzubilden, wie die benutzer*innenfreundliche Erfassung langjähriger Biographien auf Monatsebene oder die Erhebung komplexer Daten mittels mehrerer verbundener Fragen auf einer Formularseite. Es bietet zahlreiche Möglichkeiten der inhaltlichen und visuellen Gestaltung von Onlinebefragungen (verschiedene Login-Verfahren, optionale Anzeige der Befragungslänge, Integration von Corporate Designs, Einbindung von Fremdsprachen, Umsetzung von komplexen Filterführungen).
Die Serverarchitektur hinter Zofar basiert auf einem skalierbaren Serververbund, der durch seine Redundanz Ausfall- und Funktionssicherheit bietet. Zum Cluster gehören Apache HTTP-Server, Apache Tomcat-Applikationsserver und PostrgreSQL-Datenbankserver (inkl. Continuous Archiving und Hot-Standby für Point-In-Time-Recovery und zusätzliche Datensicherheit). Die Konfiguration der Apache HTTP-Server ermöglicht die Durchführung paralleler Befragungen und eine Lastverteilung auf mehrere Tomcat-Applikationsserver im Falle von größeren Befragungen.
Die Weiterentwicklung des Befragungssystems erfolgt entlang der Erfordernisse, die seitens der Hochschul- und Wissenschaftsforschung definiert werden. Geplant sind Erweiterungen der technischen Funktionalität, wie die Steigerung der Barrierefreiheit von Onlinebefragungen unter besonderer Berücksichtigung von mobilen Endgeräten, sowie eine enge Kooperation mit unserem Forschungsdatenzentrum mit dem Ziel der effizienten Studiendokumentation und zügigen Datenbereitstellung.
Dienstleistungen
Der Servicebereich Onlineforschung berät und unterstützt die Projektteams der Hochschul- und Wissenschaftsforschung bei der Planung und Durchführung von webbasierten Befragungen. Auf Wunsch können die sozialempirischen Projekte bereits bei der Stichprobenziehung Serviceleistungen in Anspruch nehmen. In enger Zusammenarbeit entsteht dann eine Fragebogenvorlage. Sie dient der Programmierung der Onlinefragebögen mittels der erweiterbaren Auszeichnungssprache (Extensible Markup Language, XML). Die Onlinebefragung wird anschließend in verschiedenen Szenarien mit simulierten Teilnehmer*innen belastet und getestet. Unser Dienstleistungsrepertoire enthält das Umsetzen von verschiedenen Login-Verfahren, das Versenden von Einladungen und Erinnerungen, das Erstellen diverser Rücklaufstatistiken, das Unterstützen der Datenaufbereitung und des Plausibilisierens von Befragungsdaten sowie das Gewichten der Stichprobe. Nach Feldzeitende übergeben wir ein umfangreiches Datenpaket an die Projektteams, das neben den Befragungsdaten u.a. ein Kodebuch, Randverteilungen, Feldstatistiken und die XML-Datei zur Onlinebefragung enthält. Weitere Supportleistungen sind in Planung. Auch für die Beratung zu methodischen Aspekten von Onlinebefragungen stehen die Mitarbeiter*innen gern zur Verfügung. Durch ergänzende Workshops möchte der Servicebereich den Diskurs und die Weiterentwicklung der Onlineforschung fördern.
Forschung
In der Hochschul- und Wissenschaftsforschung befragen wir typischerweise junge und gut ausgebildete Personen, wie Studienberechtigte, Studierende, Absolvent*innen, Promovierende und Wissenschaftler*innen. Sie alle gelten als intensive Computer- und Internetnutzer*innen und wären deshalb gut mit einer online applizierten Befragung zu erreichen. Diese Methode der Datenerhebung erfährt deshalb auch am DHZW seit einiger Zeit zunehmende Bedeutung. Die langjährigen Befragungsreihen werden sukzessive auf diesen Datenerhebungsmodus umgestellt bzw. multimodal erweitert durch eine das persönliche, schriftliche oder telefonische Interview ergänzende Onlinebefragung.
Mit den erweiterten Zugangswegen zur Zielpopulation und Datenerhebungsmodi verbinden sich aus unserer Sicht eine Reihe von methodologischen Fragestellungen hinsichtlich der Kontaktierung und Befragungsteilnahme sowie des Antwortverhaltens und der Datenäquivalenz. Wir begleiten diesen Prozess und möchten Antworten auf Fragen wie diese finden: Inwieweit lassen sich Befragte postalisch oder via E-Mail für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie gewinnen? Wie können die langjährigen schriftlich durchgeführten Erhebungsreihen in die Onlinebefragung überführt werden? Wie müssen Onlinebefragungen geschaffen sein, damit sie unabhängig vom Endgerät (wie Computer, Tablet oder Smartphone) beantwortet werden können?
Unser Forschungsinteresse beschränkt sich daher nicht allein auf die Befragungsdaten. Während der Onlinebefragung können zusätzlich sogenannte Paradaten erfasst werden. Sie geben uns Aufschluss über das Antwortverhalten der Respondent*innen und liefern uns Informationen zum verwendeten Endgerät (Computer/Notebook, Tablet oder Smartphone) sowie seiner Konfiguration (wie Browser und Plugins). Die Nutzung von Paradaten gibt uns die Möglichkeit zu klären, inwieweit Unterschiede im Antwortverhalten bspw. auf das verwendete Endgerät oder einen bestimmten Browser zurückgeführt werden kann. Darüber hinaus helfen sie uns sicherzustellen, dass die Onlinebefragung allen Teilnehmenden in möglichst ähnlicher Form dargereicht wird.
Nicht zuletzt sehen wir uns durch die Fortschreibung unseres Befragungssystems mit neuen technischen Herausforderungen, wie der Steigerung der Systemstabilität und Erhöhung von Lastgrenzen, konfrontiert. Unsere Forschungsbemühungen befassen sich deshalb auch mit der Analyse von Lastverteilungen angesichts von zunehmend komplexeren Onlinebefragungen, an denen mehrere Hunderttausend Befragungspersonen teilnehmen sollen.