In den vergangenen Jahren hat sich das deutsche Hochschul- und Forschungssystem massiv verändert. Neue Steuerungsinstrumente mit verstärkter Output-Orientierung wurden eingeführt. Der Wettbewerb bei der Mittelvergabe hat zugenommen. Differenzierungsprozesse mit dem Ziel stärkerer Stratifikation des Forschungssystems wie beispielsweise im Rahmen der Exzellenzinitiative wurden vorangetrieben. Auch neue Karrierewege (Postdocs, Nachwuchsgruppenleiter oder Juniorprofessuren) und die Einführung der W-Besoldung haben die akademische Statusordnung verändert. Gender Mainstreaming hat sich in den letzten Jahren zu einem hochschulpolitischen „hot spot“ entwickelt. Institutionelle Profil- und Clusterbildung erfordern von den Akteuren des Wissenschaftssystems mehr und mehr strategische Konzepte und die Einführung von neuen Governancestrukturen. Internationalisierung und Interdisziplinarität führen außerdem zu veränderten Anforderungen an Kooperationen.
Die iFQ-Wissenschaftlerbefragung in Deutschland 2010 untersuchte vor dem Hintergrund dieser veränderten Rahmenbedingungen insbesondere, inwieweit die in Deutschland offerierten Förderinstrumente und -programme die Bedarfe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch adäquat bedienen bzw. wie geeignete Förderinstrumente unter den aktuellen Bedingungen ausgestaltet sein sollten. Aufgrund der erstmaligen Durchführung der iFQ-Wissenschaftlerbefragung lag der Schwerpunkt zunächst einmal auf dem Förderhandeln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Untersucht und bewertet wurden dabei nicht nur die Akzeptanz und die Eignung des vorhandenen Förderinstrumentariums, sondern auch nicht-intendierte Effekte, die etwa aus dem Prestige der Programme, ihrer besonderen Würdigung in DFG-unabhängigen Bewertungsverfahren oder materiellen Nebeneffekten resultieren. Auch fanden die Instrumente anderer nationaler Förderer in der Studie Berücksichtigung. Begleitend wurde die Einbettung des deutschen Wissenschaftssystems in europäische bzw. internationale Zusammenhänge untersucht.
Die iFQ-Wissenschaftlerbefragung in Deutschland 2010 beinhaltet insbesondere:
- eine Beschreibung der Forschungsbedingungen von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen in Deutschland,
- eine Anknüpfung an aktuelle wissenschaftspolitische Diskurse, insbesondere zum Peer Review-System, zur Exzellenzinitiative, zum wissenschaftlichen Nachwuchs und zu Governancestrukturen,
- eine Verortung der DFG und ihrer Instrumentarien in der Wissenschafts- und Forschungslandschaft,
- eine Beurteilung der Passung des DFG-Portfolios zu aktuellen Bedarfen,
- eine Erfassung der Zufriedenheit mit DFG-Instrumenten und Verfahren und
- eine Erfassung der Außenwahrnehmung von Rolle und Funktion der DFG im Wissenschaftssystem.
Um Veränderungen im Zeitverlauf bewerten zu können, wurden Fragen aus älteren Befragungen, insbesondere die Hochschullehrerbefragungen aus den 1970er und 1980er Jahren und die Befragung von Antragstellerinnen und Antragstellern bei der DFG, systematisch aufgegriffen. Aktuell wird die iFQ-Wissenschaftlerbefragung methodisch und inhaltlich erweitert, sodass sie als langfristiger Stimmungsbarometer für die deutsche Wissenschaft fungieren kann.
Die ausführlichen Ergebnisse der iFQ-Wissenschaftlerbefragung in Deutschland 2010 sind frei zugänglich.