Die systematische Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promotion (Postdocs) ist ein relativ junges Phänomen. Zwar wurden bereits 1969 – lange vor der Einführung der Juniorprofessur – durch die Max-Planck-Gesellschaft Nachwuchsgruppenleiterpositionen nach amerikanischem Modell an den Instituten eingeführt, aber erst ab Mitte der 90er Jahre wurde diese Förderstrategie von der Mehrzahl der anderen großen Forschungsförderorganisationen in ihr Portfolio aufgenommen. Alle Nachwuchsgruppenleiterprogramme setzen dabei an einem der Hauptkritikpunkte am deutschen Wissenschaftssystem an – einer zu langen Abhängigkeit der Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen von den Lehrstuhlinhabern/Lehrstuhlinhaberinnen – und wollen herausragenden jungen Nachwuchswissenschaftlern Bedingungen schaffen, in denen diese relativ früh selbständig forschen können. Die Strategie, diese Ziele über eine systematische Förderung exzellenter Postdocs zu verfolgen und damit alternative Qualifizierungswege zum klassischen akademischen Karriereweg über Mitarbeiter- und Assistentenstellen an den Hochschulen anzubieten, scheint sich langfristig als fester Bestandteil der Förderlandschaft zu etablieren.
Eines der renommiertesten Nachwuchsgruppenleiterprogramme ist das Emmy Noether-Programm der DFG. In diesem Programm wurden seit der Einführung 1999 bisher etwa 400 Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen gefördert. Ziel der Studie des iFQ war es, im Rahmen einer vergleichenden Programmevaluation die Effekte derartiger Förderprogramme, aber auch die speziellen Problemlagen von extern finanzierten Nachwuchswissenschaftlern zu beleuchten. Im Sinne einer Methodentriangulation wurden neben klassischen quantitativen Befragungen auch qualitative Verfahren (problemzentrierte Interviews, Dokumentenanalysen) und bibliometrische Verfahren (Publikationsanalysen, Zitationsanalysen) eingesetzt.
Die Onlinebefragungen mit geförderten Nachwuchsgruppenleitern und -leiterinnen aus dem Emmy Noether-Programm, aber auch Gruppenleitern und -leiterinnen aus Förderprogrammen der Volkswagenstiftung, der Helmholtz-Gemeinschaft und Max-Planck-Gesellschaft, wurden von Oktober 2006 bis Juli 2007 durchgeführt. Parallel wurden auch abgelehnte Antragstellende dieser Programme mit nahezu identischen Instrumenten befragt. Ebenfalls in diesem Zeitraum wurden mit einer Auswahl von Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleitern und -leiterinnen Interviews durchgeführt. Bibliometrische Analysen wurden für vier Fachgebiete (Medizin, Physik, Biologie, Chemie) durchgeführt.
Insgesamt zeigte sich, dass die Emmy Noether-Förderung einen deutlichen positiven Effekt auf die Karriereentwicklung ausübt: Im Vergleich zu den abgelehnten Bewerbern werden deutlich mehr der ehemaligen “Emmys” wenige Jahre nach der Antragstellung auf eine Professur berufen. Signifikante Unterschiede hinsichtlich des Publikationsverhaltens vor und nach der Antragstellung (zwischen abgelehnten und bewilligten Antragstellenden) ließen sich hingegen nicht finden, was darauf schließen läßt, dass das Publikationsniveau nur eines unter mehreren Kriterien in der Begutachtung der Anträge im Emmy Noether-Programm ist.
Die Förderung als Nachwuchsgruppenleiterin/-leiter verleiht den jungen Forschenden eine mit Professuren vergleichbare Autonomie und eine im Vergleich zu Juniorprofessuren gute Ausstattung – hinsichtlich der Einbettung in die institutionellen Entscheidungsprozesse sahen sich die Befragten jedoch im Nachteil. Auch hinsichtlich ihres Status zeigten sich Unsicherheiten, die oft am häufig fehlenden Promotionsrecht festgemacht werden. Nicht selten wird dieses “Problem” durch eine zusätzliche Habilitation zu lösen versucht, was die hohe Habilitationsneigung der Nachwuchsgruppenleiterinnen/-leiter erklärt.
Zusammenfassend läßt sich festhalten, dass Programme zur Förderung von Nachwuchsgruppenleitungen eine sehr heterogene Gruppe hochqualifizierter und engagierter junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ansprechen. Die Förderung verschafft den Forschenden viel Autonomie, die Möglichkeit ein eigenes Forschungsprofil zu etablieren sowie Leitungs- und Managementerfahrungen – zusammengenommen mit dem “Exzellenz-Label” der Programme wichtige Parameter, die den Geförderten Vorteile in kommenden Berufungsverfahren bieten.
Ein erster Ergebnisbericht zur Evaluation des Emmy Noether-Programms wurde im Mai 2008 veröffentlicht (iFQ-Working Paper No. 3), im Dezember 2009 erschien der ergänzende Forschungsbericht zum Vergleich der untersuchten Nachwuchsgruppenleitungsprogramme: iFQ-Working Paper No. 6). Des Weiteren wurden vertiefende Analysen zu speziellen Fragestellungen auf nationalen und internationalen Konferenzen präsentiert und in verschiedenen Journals veröffentlicht (siehe auch die ausführlichen Informationen zu diesem Projekt).
Ergänzende Aufträge: WZB Berlin und Helmholtz-Gemeinschaft.