In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich in Deutschland ein deutlicher Wandel in der Governance von Hochschulen vollzogen, der auch die Rolle des Staates betrifft. An die Stelle der bisher praktizierten Regulierung und Detailsteuerung soll eine zielorientierte Steuerung treten, bei der Kontrakte mit den Hochschulen, kennzahlengestützte Finanzierungsverfahren sowie Evaluationen und Berichtssysteme unterschiedlicher Ausgestaltung einen höheren Stellenwert erhalten.
Vor diesem Hintergrund hat HIS-HF im Rahmen eines Projekts Ziel- und Leistungsvereinbarungen (ZLV) zwischen der staatlichen Seite und den einzelnen Hochschulen insbesondere im Hinblick auf ihre Kopplung zur Hochschulfinanzierung untersucht. Zentrale Fragestellungen waren:
- Inwiefern ist eine Verzahnung von Ziel- und Leistungsvereinbarungen (ZLV) und Hochschulfinanzierung in den Landeshochschulgesetzen und Landeshaushalten angelegt? Welche Ziele, Finanzierungsgrundsätze und Prüfkriterien werden dabei ggf. angesprochen?
- Wie sind die ZLV in das Finanzierungssystem des Landes eingebettet? Welches Verhältnis zur Grundfinanzierung, zu einer formelgebundenen Leistungsfinanzierung oder einer weiteren Finanzierungssäule wird erkennbar?
- Wie konkret werden in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen die zu erreichenden Ziele definiert, wie werden sie operationalisiert und wie stringent ist die Kopplung an finanzielle Elemente? Werden konkrete Ergebnisse definiert, die in der Laufzeit der ZLV erreicht werden müssen, und wird dabei ein Zusammenhang zur Finanzierung hergestellt?
- Wie wird in den Ländern die Prüfung des Grades der Zielerreichung umgesetzt, und in welche Maße leiten sich aus Erfolg oder Nichterfolg bei der Zielerreichung Konsequenzen auf Finanzierungsebene ab? Wie sind die Erfahrungen mit der Umsetzung solcher Konsequenzen?
Das Projekt gliederte sich in drei wesentliche Arbeitsschritte:
- Zunächst wurden die Landeshochschulgesetze, die Ziel- und Leistungsvereinbarungen auf der Ebene Land-Hochschule sowie die Haushaltspläne der Länder einer Inhaltsanalyse unterzogen, die auf die Verankerung von Hochschulfinanzierungselementen über ZLV fokussiert.
- Im zweiten Schritt wurden in ausgewählten Bundesländern (Bayern, Saarland, Thüringen) qualitative Interviews mit Vertretern von Wissenschaftsministerien einerseits sowie von Hochschulleitungen von Universitäten und Fachhochschulen andererseits geführt. In diesem Teil der Untersuchung ging es darum, den Aushandlungsprozess der ZLV transparenter zu machen, die Einbettung des Instruments in die staatliche Hochschulsteuerung insgesamt zu skizzieren und insbesondere Entwicklungslinien im Zeitverlauf über mehrere ZLV-Perioden hinweg nachzuzeichnen. Diskutiert wurde insbesondere die Frage, wie die Fokusverlagerung von einer traditionell praktizierten Detailsteuerung auf eine Steuerung und Kommunikation über strategische Ziele aus Sicht der beteiligten Akteure gelingt und wie dies mit Aspekten der Hochschulfinanzierung verbunden ist.
- Durch eine Verbindung der Ergebnisse aus den beschriebenen ersten Arbeitsschritten konnten die Texte der Landeshochschulgesetze mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen und ihrer jeweiligen tatsächlichen Umsetzung kontrastiert werden. Ein besonderes Augenmerk galt dabei Umsetzungshürden, die sich bei der Finanzierung über ZLV ergeben haben, und möglichen Good-Practice-Beispielen. Darauf aufbauend wurden Schlussfolgerungen und Empfehlungen bezogen auf die Verbindung von ZLV mit Finanzierungselementen und das entsprechende Controlling im Hinblick auf eine hochschulsteuernde Finanzierung im Rahmen einer modernen Hochschulgovernance formuliert