Die räumliche Mobilität von Studierenden und Hochschulabsolvent*innen gilt in der europäischen Hochschul-, Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik als ein Mechanismus, der den zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und die Leistungsfähigkeit von Volkswirtschaften sowie Wissenschaftssystemen erhöhen kann. Aus individueller Sicht kann räumliche Mobilität zudem eine Strategie zur Verbesserung der eigenen Lebenschancen darstellen.
Vor diesem Hintergrund wurden in den vergangenen Jahrzehnten Barrieren beim Zugang zu nationalen und regionalen Arbeitsmärkten für hochqualifizierte Arbeitskräfte gelockert und grenzüberschreitende wissenschaftliche Kooperationen großflächig gefördert. Durch die Etablierung von Programmen wie ERASMUS und die Harmonisierung von Studienstrukturen im Zuge des Bologna-Prozesses wurden auch für Studierende neue Möglichkeiten zur räumlichen Mobilität geschaffen.
Doch wer nutzt diese Möglichkeiten? Welche systemischen, institutionellen und individuellen Faktoren beeinflussen, ob Hochqualifizierte mobil werden, um zeitweise oder dauerhaft an anderen Orten zu leben beziehungsweise zu studieren oder zu arbeiten? Und welche kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen hat räumliche Mobilität auf die Lebensverläufe von Hochqualifizierten?
Aufgrund der Beschaffenheit vorhandener Datenquellen haben die Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Migrationsforschung derartige Fragen lange Zeit vorrangig für breitere Bevölkerungssegmente und nur selten mit Blick auf Hochqualifizierte untersucht. In jüngerer Zeit generierte Datenquellen haben jedoch neue Potenziale zur Analyse der Ursachen und Auswirkungen der räumlichen Mobilität von Hochqualifizierten geschaffen. Diese Potenziale soll die Nachwuchsgruppe erschließen und nutzen.
Als Ergänzung vorhandener Forschung zur Mobilität von Hochqualifizierten, die bislang stark von Makro-Analysen geprägt ist und häufig die Zuwanderung von Hochqualifizierten (Inbound-Mobilität) in den Blick nimmt, steht in der Nachwuchsgruppe die mikrofundierte Analyse der zeitweiligen bzw. dauerhaften Abwanderung von Hochqualifizierten im Vordergrund (Outbound-Mobilität). Unter dem konzeptionellen Dach der Lebensverlaufsperspektive werden verschiedene soziologische, psychologische und ökonomische Theorien herangezogen, um die mannigfaltigen Ursachen der Mobilität sowie deren Konsequenzen auf die Lebensverläufe von Hochqualifizierten zu untersuchen.
Das in der Nachwuchsgruppe angesiedelte Promotionsprojekt konzentriert sich dabei auf geschlechtsspezifische Muster und Erträge der räumlichen Mobilität von Hochqualifizierten. Außerdem untersucht es, inwiefern und warum sich das Ausmaß geschlechtsspezifischer Ungleichheiten zwischen hoch- und niedrigqualifizierten Individuen unterscheidet.
Neben empirischen Analysen auf Basis der DZHW-Befragungsreihen sowie externer Datenquellen sollen in der Nachwuchsgruppe synthetisierende Beiträge entstehen, die den Forschungsstand im Bereich der Mobilität von Hochqualifizierten zusammenfassen und zu deren systematischer Weiterentwicklung beitragen.