Studienabbrecher beginnen häufig eine Berufsausbildung
1.6.2017
DZHW-Studie zeigt hohe Abbrecherquoten, aber auch erfolgreiche Wechsel in andere Berufswege. Teilstudie der Stiftung Mercator verdeutlicht, dass Studierende mit Migrationshintergrund besonders betroffen sind
29 Prozent aller Bachelorstudierenden brechen ihr Studium ab. An Universitäten liegt die Quote bei 32 Prozent, an Fachhochschulen bei 27 Prozent. Die überwiegende Mehrheit der Studienabbrecher gestaltet nach Verlassen der Hochschule ihren weiteren Bildungs- oder Berufsweg erfolgreich: Ein halbes Jahr nach Verlassen der Hochschule haben 43 Prozent von ihnen eine Berufsausbildung aufgenommen und 31 Prozent sind erwerbstätig. Dies ist ein Ergebnis einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), die heute in Berlin vorgestellt wird.
„Der frühe Zeitpunkt eines Studienabbruchs und der schnelle Wechsel in eine Ausbildung weisen darauf hin, dass viele junge Menschen noch nicht genau wissen, welchen Berufsweg sie einschlagen möchten. Das zeigt, wie wichtig eine gute Berufsorientierung bereits in der Schulzeit ist, hier hat der Bund zuletzt seine Angebote massiv ausgebaut. Gleiches gilt für die gezielte Unterstützung von Studienanfängern, die dabei hilft, Studienabbrüche zu vermeiden“, sagt Bundesbildungsministerin Johanna Wanka. „Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass ein Studienabbruch kein Scheitern der beruflichen Karriere bedeutet. Wichtig ist, dass alle jungen Menschen ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechend einen qualifizierten Berufsabschluss machen – Studium und Berufsausbildung sind dafür gleichwertige Wege.“
In der DZHW-Studie wurde die Studienabbruchquote auf Basis des Absolventenjahrgangs 2014 berechnet und untersucht, welche Gründe für den Abbruch ausschlaggebend sind und wo die Abbrecher nach Verlassen der Hochschulen verbleiben. Um das Phänomen „Studienabbruch“ umfassender zu durchleuchten, wurden in der Studie nicht nur die Exmatrikulierten 2014 befragt, sondern auch Fakultätsleitungen ausgewählter Fachbereiche sowie unterschiedliche Beratungseinrichtungen.
Unter denjenigen, die ein Bachelorstudium abgebrochen haben, sind laut der Befragung unbewältigte Leistungsanforderungen im Studium der häufigste Grund für den Abbruch (30 Prozent). Am zweithäufigsten (17 Prozent) wurde mangelnde Studienmotivation genannt. „Für 15 Prozent ist der Wunsch nach einer praktischen Tätigkeit der Hauptgrund, das geplante Studium vorzeitig zu beenden. Finanzielle Engpässe und schwierige Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Studium spielen nur eine nachrangige Rolle“, erläutert Monika Jungbauer-Gans, wissenschaftliche Geschäftsführerin des DZHW, weitere Ergebnisse der Studie. Knapp die Hälfte verlässt bereits in den ersten beiden Semestern die Hochschule, weitere 29 Prozent im dritten oder vierten Semester.
Eine Teilstudie – gefördert von der Stiftung Mercator – hat ergeben, dass die Studienabbruchquote von Bildungsinländern, der einzigen bislang statistisch erfassbaren Gruppe von Studierenden mit Migrationshintergrund, mit 43 Prozent im Bachelorstudium überdurchschnittlich hoch ist. „Die Studie hat verdeutlicht, dass die Bewältigung eines Studiums für Menschen aus Zuwanderungsfamilien eine besondere Herausforderung darstellt. Erstakademiker aus Zuwanderungsfamilien sind sogar doppelt benachteiligt – durch ihren Migrationshintergrund, aber vor allem durch ihre soziale Herkunft“, erläutert Wolfgang Rohe, Geschäftsführer der Stiftung Mercator. Das Fundament für den erfolgreichen Abschluss des Studiums werde insbesondere bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund in den Lebensphasen gelegt, die dem Studium vorausgehen. Maßnahmen zur Förderung des Studienerfolgs dürften sich daher nicht auf die Studiensituation selbst beschränken, sondern müssten Akteure und Handlungsfelder von der Schule bis zur Hochschule berücksichtigen. So sollten beispielsweise schulische Lerninhalte und fachliche Studien¬anforderungen auf Landesebene besser aufeinander abgestimmt werden, so Rohe. Ein Ergebnis der Teilstudie ist, dass nicht-gymnasiale weiterführende Schulen ihrer studienvorbereitenden Rolle nicht ausreichend gerecht werden. Dies gefährdet laut Studie besonders den Studienerfolg von Studierenden mit Migrationshintergrund, da sie häufig von Berufs- oder Fachoberschulen an die Hochschule übergehen.
Das BMBF hat zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um einerseits das Berufsorientierungsprogramm in der Schule auszubauen und andererseits die Rahmenbedingungen sowohl für ein erfolgreiches Studium als auch für den Übergang in eine duale Berufsausbildung im Falle eines Studienabbruchs zu verbessern. So werden seit 2016 zehn Prozent der Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 an den Hochschulen für Maßnahmen gegen Studienabbruch eingesetzt. Das Bund-Länder-Programm Qualitätspakt Lehre verbessert zudem Studienbedingungen und Qualität der Lehre. Um mehr empirisch gesicherte Erkenntnisse über das Phänomen Studienabbruch zu gewinnen, starten jetzt im Juni 20 vom BMBF geförderte Forschungsprojekte. Ihre Ergebnisse sollen dabei helfen, Maßnahmen zur Vermeidung von Studienabbrüchen in Hochschulpraxis und Hochschulpolitik noch wirkungsvoller zu gestalten. Um Studienabbrecher bei einem Wechsel in die berufliche Bildung zu unterstützen, fördert das BMBF seit 2014 Projekte im Rahmen des Programms „Jobstarter plus“. Ziel ist es, Studienabbrecherinnen und -abbrecher für die berufliche Bildung zu gewinnen. Das Internetportal „Studienabbruch – und dann?“ bietet umfangreiche Informationen und Unterstützungsangebote für Studienzweifler und Studienabbrecher.