Hoş geldiniz! Türkisch-Deutsche Universität startet Lehrbetrieb
31.7.2013
Der Start war holprig, aber nun scheinen die Anfangsschwierigkeiten überwunden: Nach siebenjähriger Aufbauarbeit nimmt die Türkisch-Deutsche Universität (TDU) in Istanbul zum Wintersemester 2013/14 ihren Lehrbetrieb auf. Angeboten werden drei Bachelor- und zwei Masterstudiengänge, die in Kooperation mit deutschen Universitäten entwickelt wurden. 135 Studierende sollen im Herbst die noch provisorischen Universitätsgebäude im Stadtteil Beykoz beziehen. Die TDU schließe eine wesentliche Lücke in der türkischen Universitätslandschaft, freut sich Rektor Halil Akkanat.
„Wir haben uns jahrelang bemüht, dass diese Universität auch wirklich starten kann“, sagt Bundesbildungsministerin Johanna Wanka. Nach siebenjähriger Aufbauarbeit startet die Türkisch-Deutsche Universität (Türk-Alman Üniversitesi) zum kommenden Wintersemester ihren Lehrbetrieb. 135 Studierende haben sich für den Herbst eingeschrieben: Sie können wählen zwischen den drei Bachelorstudiengängen Technik Mechatronischer Systeme, Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaft sowie den zwei Masterstudiengängen Interkulturelles Management und European and International Affairs. „Was lange währt, wird endlich gut“, zeigt sich die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth erleichtert, die auf deutscher Seite dem TDU-Konsortium aus 29 Hochschulen und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) vorsteht.
Die TDU bezieht das Gelände einer ehemaligen Baumschule im Istanbuler Stadtteil Beykoz auf der asiatischen Seite des Bosporus. Vier provisorische Gebäude wurden für den Start im Herbst dort bereits errichtet. Bis Ende 2016 soll der erste Bauabschnitt des eigentlichen Campus mit 70.000 Quadratmetern für Lehre, Forschung und Verwaltung fertiggestellt sein. Die türkische Seite stellt dafür rund 60 Millionen Euro zur Verfügung. Ein zweiter Bauabschnitt soll 2019/2020 vollendet werden. Dann sollen rund 5.000 Studierende an den fünf Fakultäten der TDU lernen. Zehn Prozent von ihnen sollen aus dem Ausland kommen - auch aus Deutschland.
Die Universität unterliegt der türkischen Hochschulgesetzgebung. Unterrichtssprachen sind Deutsch und Türkisch sowie Englisch. Türkische Studierende zahlen keine Studiengebühren. Für Studierende aus dem Ausland werden pro Jahr rund 600 Euro fällig. Die türkischen Bewerber(innen) müssen die zentrale staatliche Zulassungsprüfung durchlaufen. In einem Vorbereitungsjahr werden sie sprachlich fit gemacht. „Alle Studenten müssen ein gutes deutsches Sprachniveau haben und sollen regelmäßig nach Deutschland geschickt werden, damit sie die Kultur besser kennen lernen“, betont Rektor Akkanat.
Die Studiengänge werden in enger Abstimmung mit deutschen Partneruniversitäten entwickelt und umgesetzt. Sechs deutsche Universitäten haben federführend den Aufbau der fünf Fakultäten und des Fremdsprachenzentrums übernommen. Die Federführung für die Rechtswissenschaften liegt bei der Freien Universität Berlin, die Universität Potsdam verantwortet den Aufbau der Naturwissenschaften, die Technische Universität Berlin den der Ingenieurwissenschaften, die Universität zu Köln ist zuständig für die Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften, die Universität Heidelberg für die Kultur- und Sozialwissenschaften. Die Federführung für den Aufbau des Fremdsprachenzentrums liegt bei der Universität Bielefeld.
Ministerin Wanka misst dem Projekt hohe Bedeutung bei: „Es könnte ein Leuchtturm werden für die wissenschaftlichen, aber auch sonstigen kulturellen Beziehungen unserer Länder und wir sind davon überzeugt, dass diese besondere Universität auch ein Signal für die Zivilgesellschaft ist“. Sie erhoffe sich politisch aktive Studierende, so Wanka weiter – ein Wunsch, den die türkische Seite angesichts der Proteste um die Bauvorhaben im Gezi-Park nicht nur mit Freude zur Kenntnis nehmen dürfte. Rektor Akkanat gibt denn auch zu bedenken: „Als staatliche Universität sollten wir objektiv sein.“ 2,5 Millionen Euro hat Wankas Ministerium bislang für die TDU überwiesen; künftig sollen jährlich vier Millionen Euro über den DAAD fließen. Die TDU, sagt Wanka, sei ein wichtiger Baustein der Internationalisierungsstrategie für die deutschen Hochschulen, die Wissenschaft und die Forschung.
„Die TDU verbindet die besten wissenschaftlichen Errungenschaften unserer beiden Länder“, lobt DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel. „Türken und Deutsche brauchen einander. Wir suchen in Wissenschaft und Gesellschaft das Verbindende“, betont auch Süssmuth. Die Forschungsuniversität soll mittelfristig die Fachkräfte ausbilden, die das Land braucht. Das hoffen zumindest auch die rund 5.000 deutschen Unternehmen, die sich in der Türkei niedergelassen haben. „Das Ziel ist es, neben der hervorragenden wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit unseren deutschen Partnern und Spitzenleistungen in Forschung und Lehre unter anderem auch den dringenden Bedarf der Wissenschaft und Wirtschaft an qualifiziertem und zugleich deutschsprachigem Personal zu decken“, erläutert der Jurist Akkanat.
Mit Akkanat ist der bereits dritte Anlauf zur Besetzung des Rektoratspostens vorläufig geglückt. Ein designierter und ein bereits bestellter Rektor hatten vorher ihren Rückzug verkündet. Die Unstimmigkeiten zwischen türkischer und deutscher Seite bei der Kandidatenauswahl sollen einer der Gründe für den verzögerten Start der TDU gewesen sein. Akkanat soll das Projekt nun energisch vorantreiben. (tm)
Quellen: TDU, BMBF, DAAD, Deutsche Welle, dradio, Tagesspiegel, Spiegel online, SZ